Was treibt Menschen in der Südeifel an die Schalter der örtlichenStraßenverkehrsämter und lässt sie mit glänzenden Augen die beantragten Autoschilder mit „3 Buchstaben“ abholen? Was lässt sie dies als Zeichen eines kommunalen Aufbruchsignalsinterpretieren? Was andere naserümpfend als Modeerscheinung abtun, ist jedoch weit aus mehr. Es ist die Wiederbelebung einer regionalen Identität, die ihnen vor 40 Jahren gegen ihren Willen per politischem Beschluß genommen worden ist. Identität, die zwar verschüttet, aber nicht tot war und jetzt wieder wie Phönix aus der Asche ersteht.
Identität, die Identifikation mit einer „Herzenssache“ ist ein psychologisches Geheimnis und eine enorme Kraft die Menschen antreibt und motiviert. Die Menschen zu Höchstleistung und zum Verzicht befähigt und sie auch Durststrecken durchstehen lässt. Sie ist es, die uns „durch Dick und Dünn“ gehen lässt.
Jeder Mensch benötigt etwas zur Identifikation, etwas das ihn antreibt.
Für Mitarbeiter eines Unternehmens ist die Identifikation mit ihrem „Laden“ und den identitätstiftenden Personen, z.B. Vorgesetzten und die Beziehung zu ihnen, von enormer Bedeutung. Der Faktor Identifikation in einem Unternehmen kann eine Bank sein. Mitarbeiter identifizieren sich im Ernstfall manchmal bis zur Selbstaufgabe, sind mitunter sogar bereit den Preis mit eigener Gesundheit zu bezahlen. Gefährlich wird es, wenn sich dies mit Existenz- und Zukunftsangst vermischt. Aber, auch motivierte, sich identifizierende Mitarbeiter haben ihre Grenzen. Ihre Fähigkeit zur Identifikation ist ein guter Indikator für ein Unternehmen und seine Manager. Ein Spiegel für ihren eigenen Führungsstil, für den Grad der Wertschätzung gegenüber ihrem sozialen, nicht hoch genug zu bewertendem, Kapital und ein zuverlässiges Navigationsgerät für den aktuellen Standort und die Ziele des Unternehmens.
Die Identifikationsfähigkeit der Lufthansamitarbeiter besonders in Köln und Hamburg dürfte derzeit erheblich strapaziert sein. Das Sparprogramm Score, das dem Unternehmen jährlich zu 1,5 Milliarden € Umsatzsteigerung verhelfen soll, verbreitet Angst und Schrecken. Weltweit, so die erklärte Absicht, natürlich ist noch nichts entschieden, sollen 3550 Mitarbeiter, in Deutschland alleine 2500 Mitarbeiter, wegsaniert werden. In Köln alleine bis zu 700. „Wir wissen das wir unseren Mitarbeitern Unzumutbares zumuten.“ So äußerte sich ein Unternehmensvertreter vor einigen Wochen öffentlich.
700 Mitarbeiter, für die Lufthansa, ihr Unternehmen, so etwas wie Familie bedeutet. Eine Herzenssache mit der man sich identifiziert. Mehr oder weniger total. Diese Mitarbeiter werden nun in Existenz- und Zukunftsängste gedrängt. Sozialverträglich selbstverständlich. Umziehen nach Frankfurt z.B.?? Neue Wohnung, neue Freunde, neuer Arzt, neue Schule und und… Entwurzelung auf allen Ebenen des Menschseins! Geschenkt! Wir müssen uns verändern. Mobilität wie bei den Amerikanern scheint gefragt, wie in den Zeiten der Völkerwanderung.
Doch Vorsicht! Wenn ein deutsches Traditionsunternehmen die Belastungsfähigkeit der Identität seiner Mitarbeiter unterschätzt, „und die Kraft der Herzenssache“ mehr oder weniger ignoriert, rüttelt an den Grundfesten des eignen „Ladens“. Sozialverträgliche Sanierungsprogramme auf Kosten der Menschen, gehen nicht selten nach hinten los und hinterlassen enorme Kollateralschäden, wie z.B. nicht selten einen enormen öffentlichen Renommeeverlust.
Fusionen, Überführungen in Tochtergesellschaften, Unternehmensaufspaltungen, Spartenverkäufe, Sanierungsprogramme, sind oft wirtschaftlich notwendige, wenn auch nicht immer angemessene Methoden. Zumindest , wenn man das höchste Kapital eines Unternehmens, seine Menschen betrachtet. Mitarbeiter, die sich identifizieren und das Herz des Unternehmens darstellen.
Sind Personaleinsparung und/oder –abbau jedoch alternativlos, sollte man unter stützende psychosoziale Strategien ins Auge fassen. Um der Mitarbeiter und Führungskräfte, der Zukunft, und der Tradition, sowie des Prestige des Unternehmens wegen und um die Kosten von Kollateralschäden (z.B,.Krankheitskosten) des Personalumbaus, die letztlich das Gesamtsystem tragen muss, zu vermeiden. Und nicht zuletzt vielleicht auch, um sprichwörtlich Leben zu bewahren. Nicht selten haben sich identifizierende Mitarbeiter aus Angst vor den drohenden Veränderungen im beruflichen und privaten Bereich, sowie Perspektivlosigkeit das Leben genommen. Die Ereignisse um die France Telecom vor einigen Jahren sind mahnendes Beispiel dafür.
Gibt es Alternativen zum Personalab- und umbau in einem Unternehmen? Ist Gewinnmaximierung jeden, wirklich jeden Preis wert? Was sind die Menschen die sich tagtäglich mit ihrer „Herzenssache“ identifizieren wert?
Und welchen Wert gibt man ihnen, wenn es aus unternehmerische Sicht keine Alternative gibt? Welche Begleitung erhalten sie auf dem Weg der umfassenden Entwurzelung.
Aus unternehmerischer Sicht ist die Identität der Mitarbeiter Segen und Fluch zugleich. Wer aber die Boniauszahlung leitender Eliten erhöht und gleichzeitig einen sozialverträglichen Mitarbeiterabbau zur Unternehmenssicherung ankündigt, spielt nicht nur gewissenlos mit dem Feuer, sondern betreibt im Hinblick auf die Identifikation der Mitarbeiter und der „Herzenssache“ nicht nur fahrlässige Brandstiftung.
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