Der Schutz von Know-how wird als zentrales Thema zunehmend auch von mittelständischen Unternehmen wahrgenommen. Das Bewusstsein für die Risiken steigt, die Verletzungsfälle nehmen zu, und Prävention gewinnt an Bedeutung. Eine zunehmende Anzahl von Unternehmen sieht in Informationsabfluss/Spionage ein bedeutendes unternehmerisches Risiko und beabsichtigt in die Prävention durch Schulung der Mitarbeiter und Investitionen in Sicherheitsvorkehrungen zu investieren.
Die Bedeutung der Prävention ist aus anwaltlicher Sicht nachdrücklich zu unterstreichen. Betriebliches Know-how stellt für Unternehmen aller Branchen einen erheblichen, oft sogar den einzigen Unternehmenswert dar und kann sowohl technische als auch wissenschaftliche (Forschung & Entwicklung) und betriebswirtschaftliche Aspekte betreffen. Internet und globalisierte Märkte gefährden geheimes Know-how durch interne wie externe Angriffe.
Die Risiken für den Abfluss geheimen Know-hows sind vielfältig und werden in oftmals betroffenen kleineren und mittelständischen Unternehmen häufig nicht oder zu spät erkannt oder nicht ernst genommen.
1. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind über die Strafnorm § 17 UWG geschützt. Unter Strafe gestellt ist die Weitergabe von Geheimnissen an Dritte während der Dauer des Arbeitsvertrages (Abs. 1) und das sich Verschaffen oder Sichern eines Geschäftsgeheimnisses durch die Herstellung einer Verkörperung und die Verwertung oder Mitteilung eines so gesicherten Geheimnisses (Abs. 2).
Dreh- und Angelpunkt der Norm ist das Vorliegen eines Geschäftsgeheimnisses: die nicht offenkundige, von einem Geheimhaltungswillen getragene Tatsache, an der ein betriebliches Geheimhaltungsinteresse besteht. Kurz gesagt: der Wissensvorsprung des Unternehmens vor Wettbewerbern. Dieser Wissensvorsprung kann sich auf technisches Know-How, wie Abläufe, Verfahren oder Rezepturen, aber auch auf rein kaufmännisches Wissen, wie Kundenlisten, Preise, Zulieferer und Bezugsquellen, Teile- und Stücklisten, beziehen.
Es muss zunächst sichergestellt werden, dass ein Geheimnis auch ein Geheimnis bleibt. Neben der Beschränkung des Zugangs zu geheimem Know-how muss auch der Wille des Unternehmers zur Geheimhaltung erkennbar sein.
2. Risiken für den Know-how-Abfluss
2.1 Das größte Risiko stellen Mitarbeiter dar, die Geheimnisse an Dritte verraten oder zu eigenen Wettbewerbszwecken nutzen. Häufig geht dem Rechtsbruch eine innere Distanzierung zum Arbeitgeber voraus, die durch das Übergehen bei Beförderungen, Unzufriedenheit mit dem Gehalt oder dem Inhalt der Arbeit oder Auseinandersetzungen mit Kollegen ausgelöst werden kann.
2.2 Ein regelmäßig unerkanntes Risiko schlummert in Behördenakten. Insbesondere produzierende Unternehmen, die immissionsschutzrechtliche oder andere behördliche Genehmigungen benötigen, müssen regelmäßig Unterlagen zu betrieblichen Abläufen oder Konstruktionszeichnungen vorlegen. Die Informationsfreiheitsgesetze sowie das Umweltinformationsgesetz gewähren Jedermann(!)-Rechte auf Einsicht in Behördenakten, die von Wettbewerbern zur Ausforschung genutzt werden. Ebenso sind Geheimnisse in öffentlichen Auslegungsverfahren gefährdet.
2.3 In der Zusammenarbeit mit Zulieferern oder Abnehmern sowie in Projekt-und Forschungsgemeinschaften wird häufig betriebliches Know-how offenbart, um aus dem Wissen der Beteiligten neue Produkte und innovative Prozesse zu entwickeln.
2.4 Gesellschaftsrechtliche Informations-und Berichtspflichten können insbesondere bei Joint-Venture-Verträgen zu einem nicht beabsichtigten Know-how-Transfer führen.
2.5 Einbruchstellen sind in der Regel Datennetze. Angriffe von innen durch unrechtmäßiges Kopieren von Dateien stellen dabei eine wesentlich größere und relevantere Gefahr dar als Hacker-Angriffe von außen.
3. Prävention ist möglich, auch wenn bei krimineller Energie ein absoluter Schutz nie gewährleistet werden kann.
3.1 Im Vordergrund stehen tatsächliche Maßnahmen, die den Geheimhaltungswillen dokumentieren. In Datennetzen sollten Zugriffsberechtigungen auf geheime Informationen restriktiv vergeben werden. Der persönliche Zugang zu Bereichen, in denen mit Geheimnissen umgegangen wird, sollte nur den damit befassten Mitarbeitern offenstehen (F&E-Abteilung, Labore). Mitarbeiter von Fremdfirmen sollten auf dem Betriebsgelände konsequent kontrolliert werden, insbesondere wenn diese in geheimnisrelevanten Bereichen arbeiten. Bei der Überwachung am Arbeitsplatz (Kameras, Kontrolle von Telefon und Internet) sind datenschutz- und betriebsverfassungsrechtliche Fragen zu berücksichtigen und ggf. vorab der Betriebsrat einzubinden.
3.2 Bei der Begründung von Arbeitsverhältnissen kann der neue Arbeitgeber von seinem Recht auf Fragen mit Arbeits#platzbezug Gebrauch machen oder ein polizeiliches Führungszeugnis anfor#dern. In Arbeitsverträgen kann Trägern von Geschäftsgeheimnissen ein nachver#tragliches Wettbewerbsverbot auferlegt werden, üblich sind außerdem Geheimhaltungs- und Kundenschutzvereinbarungen, die durch eine Vertragsstrafe unterlegt werden sollten. Die bei einer Kündigung anfallende Karenzentschädigung ist zwar kostspielig; die nachträg#liche Sicherung bereits abgeflossenen und zu Wettbewerbszwecken durch den Geheimnisträger genutzten Know-hows ist jedoch bedeutend teurer. Bei Beendi#gung des Arbeitsverhältnisses hat sich ein „Exit-Gespräch bewährt, in dem der vertragsgemäße Umgang mit sensiblen Kontaktdaten sichergestellt wird.
3.3 An Behörden sollten Unterlagen, die Geheimnisse enthalten, in einem verschlossenen und versiegelten Umschlag weitergegeben werden, wobei jedes Blatt mit einem Stempel „Geheim“ sowie der Firma gekennzeichnet werden sollte. Auf diese Weise werden die Sachbearbeiter vor einer Aushändigung an Dritte gewarnt und zur Rücksprache mit dem betroffenen Unternehmen aufgefordert.
3.4 Verträge mit Zulieferern und Abnehmern sowie F&E-Verträge sollten eine vertragsstrafebewehrte Geheimhaltungsklausel enthalten. Die Vertragsstrafe sollte eine empfindliche Sanktion darstellen und den erwartbaren Mindestschaden abdecken.
3.5 Schließlich sollte die Schutzrechtsstrategie ständig überprüft werden. Patente und Gebrauchsmuster helfen bei dem Schutz technischen Know-hows. Da die Offenlegung im patentamtlichen Verfahren zu einer Verbreitung des Know-hows führen kann, ist ein Patentschutz jedoch nicht in jedem Fall das Mittel der Wahl.
4. Im Fall des Falles gilt: Ruhe bewahren!
Jede voreilige arbeits- oder zivilrechtliche Maßnahme warnt den Täter und führt zur Beseitigung von Beweismitteln. § 17 UWG ist Strafnorm und ermöglicht eine Strafanzeige sowie Durchsuchungen und Beschlagnahmen durch die Staatsanwaltschaft. In aller Regel können für die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz erforderliche Beweismittel nur auf diesem Wege erlangt werden.
5. Zum Abschluss die aus anwaltlicher Sicht wesentlichen Hinweise aus der Praxis:
5.1 Prävention ist von zentraler Bedeutung – einmal abgeflossene Geheimnisse können nur unter größten Schwierigkeiten wieder gesichert werden. Ich empfehle daher eine regelmäßige „Know-how Due Diligence”, bei der die für den Bestand des Unternehmens und die Fortführung des Geschäfts zentralen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse identifiziert und das Schutzniveau überprüft wird.
5.2 Und: Geheimnisschutz ist Chefsache!
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