Das Ende des Prozesses gegen den Formel 1 Chef Bernie Ecclestone hat zum Teil heftige Reaktionen hervorgerufen. Selbst die ehemalige Justizministerin Leuthäuser-Schnarrenberger spricht von einer Frechheit und sieht das Gerechtigkeitsgefühl vieler Bürger stark beschädigt. Auf den ersten Blick könnte man wirklich einen schmutzigen Deal vermuten, der es einem Milliardär ermöglicht, sich von einer drohenden Gefängnisstrafe „freizukaufen“. Bei näherer Betrachtung ist diese Beurteilung aber nicht haltbar. Zwar wurde mit dem ehemaligen Bayern LB Vorstand Gerhard Gribkowsky ein weiterer Tatbeteiligter bereits zu einer achteinhalbjährigen Freiheitsstrafe verurteilt, für Ecclestone war die Beweislage aber anscheinend weitaus weniger eindeutig.
Es ist unbestritten, dass Ecclestone eine Provision i.H.v. € 41 Mio von der Bayern LB erhalten und dann € 44 Mio an Gribkowsky weitergeleitet hat, was für Gribkowsky zu einer Verurteilung wegen Bestechlichkeit in Tateinheit mit Untreue und Tatmehrheit mit Steuerhinterziehung geführt hat. Das Verfahren gegen Ecclestone wurde dagegen mit der Auflage der Zahlung von 100 Mio Dollar an die Staatskasse ohne Feststellung einer Schuld eingestellt. Was zunächst unverständlich erscheint, erklärt sich mit Blick auf die Vorsätze der beiden Protagonisten. Für eine Verurteilung muss nämlich nicht nur der objektive Tatbestand, sondern auch der rechtswidrige Vorsatz des Täters zweifelsfrei bewiesen werden.
Im Fall von Bernie Ecclestone war dies aufgrund der vorliegenden Beweise wohl nicht zweifelsfrei beweisbar. Zum einen war unklar, ob Ecclestone in Gribkowsky einen Amtsträger erkannt hat oder erkennen hätte müssen, zum anderen behauptete Ecclestone, der Zahlung an Gribkowsky läge eine Erpressung zugrunde. Wie häufig in Korruptionsprozessen ist die Motivationslage der Handelnden hier schwer objektiv festzustellen.
Gegen den Bestochenen sprach die persönliche Bereicherung, die ihm objektiv nachgewiesen werden konnte. Die Behauptungen des Angeklagten Ecclestone sind dagegen weitaus schwieriger zu beurteilen. Selbst wenn diese Einlassungen berechtigte Zweifel an dem Wahrheitsgehalt aufkommen lassen, muss der Richter, der im Übrigen auch dem Prozess gegen Gribkowsky vorstand, zweifelsfrei von dem rechtswidrigen Vorsatz des Angeklagten überzeugt sein. Dies war aufgrund der Beweislage wohl nicht der Fall, da ansonsten wohl weder Gericht noch Staatsanwaltschaft der Einstellung zugestimmt hätten.
Ist die Empörung über die Einstellung des Verfahrens dennoch berechtigt? Wir denken nein! Als Vertreter des ACFE e.V., dem branchenübergreifende Fachverband für die Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität in Deutschland, sind wir selbstverständlich an der Aufdeckung und Aufklärung von Korruptionsfällen wie auch an einer gerechten Verurteilung der beteiligten Straftäter interessiert. Wichtig ist hierbei aber auch die Signalwirkung solcher Urteile auf potentielle Nachahmungstäter.
Im vorliegenden Fall war eine Verurteilung zu einer Gefängnisstrafe für Herrn Ecclestone sehr unwahrscheinlich. Eine mögliche Geldstrafe wäre erfahrungsgemäß weitaus geringer ausgefallen, als die jetzt auferlegte Zahlung von € 100 Mio. Ein Freispruch, der nach Lage der Dinge auch nicht ausgeschlossen werden konnte, wäre ein noch viel fataleres Signal gewesen. Im allgemeinen Interesse ist somit die getroffene Entscheidung die Richtige gewesen, auch wenn das Gerechtigkeitsgefühl des ein oder anderen hiermit nicht in Einklang zu bringen ist.
Auch wenn der Abschreckungsgedanke eine gewisse Rolle spielt ist auch bei Korruptionsstrafbeständen klar, dass man diese nicht erst im Gerichtssaal bekämpfen kann. Korruptionsbekämpfung ist ein Präventionsthema. Diese Prävention fängt bei der Ausbildung und Schulung von gefährdeten Personen an.
Ein ausgeprägtes Unrechtsbewusstsein kann viele Korruptionsstraftaten verhindern helfen. Darüber hinaus stehen heute wirkungsvolle Präventionsmaßnahmen zur Korruptionsbekämpfung zur Verfügung. Der ACFE e.V. und seine Mitglieder arbeiten ständig an der Verbesserung und Weiterentwicklung dieser Präventionsmassnahmen.
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