Die Marktwirtschaft ist ein einzigartiger Suchprozeß nach besten Lösungen. In der Konsequenz bedeutet dies, daß Produkte, Dienstleistungen und ganze Unternehmen kommen und gehen. Jedes Unternehmen kann in diesem Prozeß in eine Krise geraten, die auch existentielle Ausmaße annehmen und am Ende das Unternehmen auslöschen kann.
Der einzelne Unternehmer hat gewiß wenig Verständnis dafür, wenn es ausgerechnet sein Unternehmen trifft. Um so bitterer ist es zu erkennen, daß ein fortgeschrittenes Krisenstadium stets vermeidbar gewesen ist. Die existentielle Krise entsteht nämlich nicht über Nacht, sondern in klar voneinander unterscheidbaren Phasen. Es ist wichtig für jeden Unternehmer, diese Krisenphasen identifizieren zu können, damit er in der Lage ist, rechtzeitig umzusteuern.
In der betriebswirtschaftlichen Literatur werden mehr oder weniger viele Krisenphasen unterschieden. In der Praxis hat sich die Betrachtung von vier Phasen bewährt. Die erste Krise ist die strategische Krise. Sie ist besonders schwer zu erkennen, denn die bekannteren Krisensymptome der späteren Phasen zeigen sich noch nicht. In dieser Phase läßt die Marktleistung des Unternehmens bereits spürbar nach. Es gibt nur noch wenige Innovationen, wichtige Kennzahlen stagnieren, die Produktqualität schwankt, die Leistungen entsprechen nicht mehr voll den Marktanforderungen.
Die zweite Phase – die Ertragskrise – zeichnet sich durch Umsatzeinbußen (Mengen und Preiseffekte), sinkende Margen und sinkende Betriebsergebnisse aus. Die Kunden haben sich vom Unternehmen abgewendet und die Fixkosten nehmen bedrohliche Ausmaße an. In dieser Phase reagieren viele Unternehmer mit fortgesetzten Kostenanpassungen. Nach einer Weile führt dieser Weg zu Einschnitten in wichtige Leistungsbereiche, wodurch die Fähigkeit des Unternehmens, Erträge zu erwirtschaften, weiter abnimmt.
Dann landet das Unternehmen in der Liquiditätskrise. Das Geld wird knapp, Kreditlinien werden ausgeschöpft, Kreditoren werden “geschoben”, private Geldquellen werden angezapft. Die Bankgespräche werden häufiger und unangenehmer. Schließlich drohen die Banken damit, den Geldhahn endgültig zuzudrehen.
Die letzte Krisenphase ist dann die Insolvenz, die nicht mehr den Schrecken früherer Tage hat und immer häufiger die letzte Chance bietet, ein Unternehmen – oft mit einer neuen wirtschaftlichen Identität – fortzuführen. Die Reform des Insolvenzrechts (Stichwort: ESUG) bietet hier mitunter interessante Wege.
So weit muß es nicht kommen. Die dargestellten Krisenphasen nehmen in der Regel einen Zeitraum von drei und mehr Jahren in Anspruch. Das ist genügend Zeit, um frühzeitig zu reagieren und mit wenig schmerzhaften Maßnahmen in die Erfolgsspur zurückzufinden. Allerdings nimmt der Handlungsspielraum mit jedem neuen Krisenstadium sehr rapide ab. Ist bereits die Liquiditätskrise erreicht, wird es höchste Zeit zu handeln, denn es bestehen nur noch wenige erfolgversprechende Optionen zur Abwendung der Insolvenz.
Unternehmer, die eine solche Krise noch nicht durchlebt haben und ehrlich genug mit sich selbst sind, eine gewisse Hilflosigkeit zu verspüren, sollten – egal in welcher Krisenphase – externe Unterstützung bei krisenerfahrenen Beratern suchen. Ihre Mitarbeiter und Angehörigen, das Familienvermögen und der gute Name des Unternehmens haben es nicht verdient, in ihrer Existenz gefährdet zu werden.